Das grundsätzliche Ziel der Waldorfpädagogik ist die Bildung und Entwicklung des jungen Menschen in allen Bereichen seiner Persönlichkeit – sowohl in intellektueller, praktischer und künstlerischer als auch in sozialer Hinsicht. In der Parzival-Förderschule kommt ein besonderer Aspekt hinzu: Der Ausgleich von  Entwicklungsstörungen im physischen, seelischen und geistigen Bereich und das Aufspüren sowie die Entwicklung von Fähigkeiten und Begabungen, die durch verschiedenste Ursachen bei unseren Schülerinnen und Schülern verschüttet sind.

Besondere Elemente der Waldorfpädagogik im Unterricht

In der Parzival-Schule werden die Kinder nach dem Waldorflehrplan unterrichtet, der durch Rudolf Steiner unter heilpädagogischen Gesichtspunkten verändert bzw. erweitert wurde. Anthroposophische Heilpädagogik basiert auf dem Gedanken, dass alle Menschen in ihrem individuellen geistigen Wesenskern „gesund“ sind, dass aber manche Schwierigkeiten haben, diesen gesunden Kern frei zu entfalten. Man weiß inzwischen, dass die individuelle Lernfähigkeit von Kindern auf vielfältigen Erfahrungen, die sie seit der frühen Kindheit im aktiven Erleben ihrer Umgebung verarbeitet haben, beruht. 
Eine besondere und bisher häufig unterschätzte Bedeutung haben dabei die leibgebundenen Erfahrungen. Bei Kindern mit Lernschwierigkeiten sind fast immer Störungen in der Körperwahrnehmung und der Geschicklichkeit zu beobachten. Die heutige Lebenssituation unserer Kinder gibt ihnen kaum Gelegenheit, aktiv und mit allen Sinnen tätig zu sein. Es fehlt ihnen daher die nötige sensomotorische Basis der Intelligenz, um in der Schule erfolgreich lernen zu können. 

Diesem Zusammenhang von leibgebundenen Erfahrungen und der Ausbildung intellektueller Fähigkeiten trägt die Waldorfpädagogik in besonderer Weise Rechnung: Ab der 1. Klasse werden Fächer wie Handarbeit, Eurythmie und Spielturnen unterrichtet, darüber hinaus wird den Kindern in den unteren Klassen im Rahmen des normalen Unterrichts die Möglichkeit geboten, in vielfältiger Weise ihre Hände und den ganzen Körper einzusetzen. 

Eine besondere Bedeutung hat während der gesamten Schulzeit das stärkende Element des Rhythmus. Es durchzieht die Gestaltung des gesamten Unterrichts. Auch die gemeinsamen Feiern im Jahreslauf, die großen und kleinen Klassenspiele und die Jahresarbeiten der 8. und 12. Klasse sind verlässliche Säulen im Leben unserer Schule. 

Konzept der Unter- und Mittelstufe

Der Klassenlehrer unterrichtet und begleitet seine Schülerinnen und Schüler in der Regel von der 1. bis zur 8. Klasse. Er gibt täglich den sogenannten Hauptunterricht in Epochen –  angefangen von den grundlegenden Inhalten der unteren Klassen, wie Schreiben, Lesen und Rechnen, bis hin zu Unterrichtsinhalten wie Geschichte, Geographie und Naturwissenschaften in den höheren Klassen. So wird der Klassenlehrer in den entscheidenden Entwicklungsschritten zu einem vertrauten Betreuer seiner SchülerInnen. Gleichzeitig ist der vertrauensvolle Kontakt zu den Eltern eine weitere wichtige Aufgabe des Klassenlehrers.

Der Hauptunterricht bildet mit 115 Minuten einen Schwerpunkt des Schulvormittags. Die einzelnen Fächer werden in Epochen von ca. 4 Wochen unterrichtet. Dies ermöglicht eine intensive Beschäftigung mit und ein intensives Arbeiten an einem Epochenthema. Die SchülerInnen legen zu jeder Epoche ein Epochenheft an, in dem das Erarbeitete in Form von Bildern und Texten ansprechend festgehalten wird. Der Hauptunterricht wird vom Klassenlehrer künstlerisch in mehrere verschiedene Unterrichtsteile gegliedert, die abwechselnd sowohl das Denken, das Fühlen und das Wollen der Schüler ansprechen. 

In der 1. und 2. Klasse werden neben dem Hauptunterricht die Fächer Eurythmie, Englisch, Spielturnen, Musik, Religion und Handarbeit als Fachunterricht erteilt. Ab der 3. Klasse wird die Anzahl der Fächer durch den Sachunterricht erweitert, dessen praktischer Teil durch eine Ackerbau- und Hausbauepoche vertieft wird. Heimatkunde, Tierkunde, Pflanzenkunde und Geschichte kommen in den folgenden Klassen als Unterrichtsgebiete dazu. 

In der Mittelstufe wird der Unterricht durch die Fächer Geometrie, Physik, Chemie, Erdkunde und Menschenkunde ergänzt und der Handwerksunterricht wird ausgeweitet. Es kommen außerdem Gartenbau, Holzwerken und Kochen als neue Fächer dazu. 

Gebundener Ganztag

Die gesellschaftliche Entwicklung bringt es mit sich, dass es vielen Elternhäusern zunehmend nicht mehr möglich ist, die Kinder am Nachmittag selbst zu betreuen. Ein Wechsel in der Betreuungssituation ist häufig die Folge oder die Kinder sind nachmittags sich selbst überlassen bis die Eltern nach Hause kommen. 

Der Zugang zu kreativer Freizeitgestaltung ist vielen Kindern auch aus anderen Gründen (Mangel an entsprechenden Angeboten in selbständig erreichbarer Nähe, Überangebot an Medien u. a.) erschwert. Die Ausdehnung schulischer Aktivitäten über den Vormittag hinaus kann hier Abhilfe schaffen und außerdem eine  Ausweitung und Vertiefung des sozialen Miteinanders innerhalb der Klassen- bzw. Stufengemeinschaft bewirken – zumal unsere Schüler häufig weit voneinander entfernt wohnen.

Die Schülerinnen und Schüler haben im Gebundenen Ganztag an drei Unterrichtstagen bis 15.00 Uhr Unterricht. Diese Zeiten sind ebenso verpflichtend wie die Teilnahme an einem gemeinsamen Mittagessen. Die Hausaufgaben werden an diesen Tagen in der Schule gemacht.

Die SchülerInnen der 5. Klasse der Parzival-Schule erhalten im Rahmen des Gebundenen Ganztages das Unterrichtsfach Ernährungslehre. Nach leichten Rezepten kochen und backen die SchülerInnen in kleinen Gruppen. Hier haben sie die Möglichkeit, einfache Arbeitstechniken zu lernen und sich selbstständig in der Lehrküche zu orientieren. So wird der Grundstock für das Fach Hauswirtschaft in der Oberstufe gelegt. 

Konzept der Oberstufe

Mit der ausklingenden Pubertät wird es besonders wichtig, die SchülerInnen auf ihrem Weg zu einem selbstbewussten Umgang mit ihren eigenen Stärken und Fähigkeiten, aber auch Schwächen zu unterstützen. Der ganzheitliche Aspekt im Nebeneinander von kognitiven, künstlerischen und handwerklichen Fächern vermittelt Kenntnisse und dient der Stärkung der Persönlichkeit. 

Anstelle des Klassenlehrers übernimmt von der 9. Klasse an ein Betreuungslehrer, der zugleich Fachlehrer ist, bis zum Ende der 12. Klasse die Begleitung der Klassengemeinschaft. Der Unterricht wird ausschließlich von Fachlehrern erteilt. 

Wie auch in der Unter- und Mittelstufe gliedert sich der Unterricht der Oberstufe in den Haupt- und Fachunterricht. Fächer, für die eine geschlossene Behandlung des Lehrstoffes in einer größeren Einheit zweckmäßig ist, werden jeweils in drei- bis vierwöchigen Epochen während des Hauptunterrichts erteilt (z. B. Geographie, Wirtschaftskunde, Physik, Geschichte, Kunstgeschichte). Der Epochenunterricht erlaubt es den SchülerInnen, intensiv in ein Thema einzutauchen und sich durch die tägliche lebendige Auseinandersetzung mit den Lerninhalten zu verbinden. 

Wir streben dabei die Entwicklung und Förderung der eigenen Urteilsfähigkeit an. Gerade die Schülerinnen und Schüler der Parzival-Schule haben deutlich unterschiedliche Begabungen. Diese individuell zu fördern ist ein wesentlicher Bestandteil der methodischen Gliederung des Unterrichts. 

Abschlüsse

Nach der 12. Klasse erhalten die SchülerInnen in der Regel ein ausführliches Gutachten-Zeugnis. Bei entsprechenden Voraussetzungen können sie den einfachen Hauptschulabschluss oder, im Rahmen der teilzentralen Prüfungen am Ende der Klasse 11, den qualifizierten Hauptschulabschluss (H1OA) erwerben. 

 

In den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch werden alle Schüler der Klassen 10 bis 12 in klassenübergreifenden leistungsdifferenzierten Gruppen besonders gefördert (DME). Hier kann in Einzelfällen auch auf die Prüfung für den mittleren Abschluss (Fachoberschulreife) am Ende der Klasse 12 hingearbeitet werden. Für Schüler, die mit der Zeit zu einem altersgerechten Lernverhalten finden, besteht im Verlauf der Schulzeit die Möglichkeit, in die Rudolf-Steiner-Schule oder in andere Schulen zu wechseln.