LEHRPLAN DER UNTER- UND MITTELSTUFE

"Wenn wir in richtiger Weise mit dem Kind stricken und Dinge machen, die Sinn haben, dann arbeiten wir wirklich oftmals mehr am Geiste, als wenn wir den Kindern das beibringen, was man für das Geistige hält."

(Rudolf Steiner)

 

Handarbeit regt die Intelligenz an und pflegt die Sinne. Die Geschicklichkeit der Hände hat aufweckenden Charakter und macht Zusammenhänge erlebbar. Daher werden alle SchülerInnen von der ersten Klasse an mit bis zu zwei Wochenstunden in Handarbeiten unterrichtet. Stricken, Häkeln und Sticken stehen in den ersten acht Jahrgangsstufen im Mittelpunkt. Wichtig dabei ist, dass alle hergestellten Arbeiten sinnvoll und nützlich sind.

Der Musikunterricht soll allen Schülern vielfältige musikalisch-künstlerische Erlebnisse ermöglichen. In den ersten Schuljahren stehen das Singen, aber auch Klangerfahrungen, rhythmische Übungen und Bewegungsspiele im Vordergrund. 

Unsere SchülerInnen lernen alle das Flötenspiel. Zunächst wird auf einer pentatonischen Flöte geübt, die wegen ihres besonderen Klangs gut für Erst-und Zweitklässler geeignet ist. Etwa ab der 3. Klasse wird auf der C-Flöte gespielt. In den höheren Klassen wird die Mehrstimmigkeit erlernt – sowohl im Gesang als auch im Instrumentalspiel – und die SchülerInnen werden mit der Notenschrift bekannt gemacht

Die geistige und seelische Befindlichkeit eines Kindes ist eng mit seinem körperlichen Gleichgewicht verbunden. Die Fähigkeit, sich zu bewegen beeinflusst u. a. entscheidend die Körperwahrnehmung, das Gleichgewicht, den Orientierungssinn und letztendlich auch die Sprachentwicklung des Kindes.

 

Im Unterrichtsfach Spiel und Bewegung wird auf abwechslungsreiche Bewegungsarten geachtet. Die Schulung der Körperwahrnehmung, des Gleichgewichtes und der Raumorientierung stehen dabei immer im Mittelpunkt.

Der angrenzende Stadtwald bietet zahlreiche motorische Anregungen, wie beispielsweise das Klettern und Balancieren auf Baumstämmen  sowie das Herauf- und Herunterlaufen kleiner Hügellandschaften. Die Kinder werden zunehmend mutiger und sicherer in ihren Bewegungen und Ängste werden auf spielerische Art und Weise überwunden. Neben Spaziergängen im Wald haben die Kinder die Möglichkeit, ihren Bewegungsdrang auf unserem kleinen Spielplatz des Pausenhofs auszuleben. Fingerspiele, Reigen, Kreisspiele, Lauf- und Fangspiele, Springen, Klettern und Laufen in einer Bewegungslandschaft gehören wie das Pedalofahren und das Seilspringen zum ersten Bewegungserleben der Kinder im Unterricht.

 

In der Mittelstufe steht dann das Fach Sport auf dem Stundenplan unserer SchülerInnen. Die ersten Bewegungserfahrungen im Fach Spiel und Bewegung in der Unterstufe sind gemacht worden und die SchülerInnen sind nun vorbereitet auf die leichtathletischen Disziplinen des Fünfkampfes (Laufen als Einzeldisziplin und im Staffelwettbewerb, Weitsprung, Speerwerfen, Ringen). Die sogenannten „Kleinen Spiele“, wie Jägerball, Trefferball, Völkerball und Brennball sowie die „Großen Spiele“ Hockey und Basketball sind ab sofort Bestandteil des Sportunterrichts.

Natürlich fehlt auch die „kleine Akrobatik“ beim Bodenturnen nicht. Sie besteht aus dem gestützten Salto und dem Salto und wird durch einfache Elemente im Kastenturnen ergänzt. 

 

Im Sportunterricht ergeben sich für die SchülerInnen neben dem Erlernen motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten zahlreiche Möglichkeiten, ihre sozialen Kompetenzen im Umgang mit ihren MitschülerInnen aber auch im Umgang mit sportlichen Erfolgen und Wettkampfsituationen zu üben. 

Im Englischunterricht geht es neben dem Spracherwerb auch um die Begegnung mit dem Besonderen und Andersartigen der Fremdsprache – und damit auch um das Kennenlernen einer anderen Kultur.

 

In den Klassen 1 bis 3 lernen und erleben die Schülerinnen und Schüler den Klang- und Sprachrhythmus der fremden Sprache durch Nachahmung. Sie rezitieren Sprüche, Reime und erste Sätze zunächst im Chor, später dann auch individuell, zum Beispiel in kleinen szenischen Spielen. Der Wortschatz entstammt dem Erfahrungsbereich der SchülerInnen (wie z. B. Zahlen, Jahreslauf, Familie, Schule, Körper, Kleidung oder Tiere). 

 

Ab der 4. Klasse wird das Lesen und Schreiben von englischen Wörtern und Texten eingeführt und der Grammatikunterricht beginnt.

 

Bis zum Ende der Schulzeit wird nun der Wortschatz erweitert und gefestigt – 

immer entsprechend dem unterschiedlichen Leistungsvermögen der SchülerInnen. Schwächen und Unsicherheiten in der Aussprache werden ebenso gezielt bearbeitet, wie die Lesefähigkeit und das Textverständnis.

So wie die Waldorfpädagogik im Ganzen steht auch der Freie Christliche Religionsunterricht der Parzival-Schule in der christlichen Tradition. Er ist jedoch nicht an eine bestimmte Konfession gebunden. Die Inhalte des Freien Religionsunterrichtes orientieren sich am allgemeinen Stoff des Waldorflehrplans, vor allem am Erzählteil des Klassenlehrers. 

 

Dabei handelt es sich in den ersten drei Klassen um Märchen, Legenden und das Alte Testament. Später rücken dann auch die Inhalte des Neuen Testaments sowie Schilderungen besonderer Lebensschicksale in den Mittelpunkt. 

 

In den höheren Klassen werden die Inhalte der Weltreligionen behandelt. In der 11. und 12. Klasse mündet der Religionsunterricht in einen Unterricht für Ethik und Praktische Philosophie, der es dem mündig werdenden Schüler ermöglichen soll, eigenständig seine zukünftige Bindung an eine Religionsgemeinschaft zu finden.

LEHRPLAN DER OBERSTUFE 

In der Oberstufe findet der Werkunterricht in klassenübergreifenden „Werkblöcken“ in den Fächern Gartenbau, Hauswirtschaft, Holzwerken, Lederhandwerk und Textiles Gestalten statt. Die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis 12 lernen und arbeiten dort ganzjährig an zwei Tagen der Woche jeweils vier Schulstunden. Unterbrochen wird diese längere Zeitspanne durch eine gemeinsame warme Mahlzeit. 

 

Der gewählte umfassende Zeitrahmen gibt den SchülerInnen die Gelegenheit, vertiefend in die handwerklichen Grundsätze des Fachgebiets einzusteigen und bietet darüber hinaus möglicherweise auch eine berufliche Orientierung. Am Ende des Schuljahres findet zusammen mit dem Künstlerischen Abschluss der 12. Klasse eine Werkblockausstellung aller fünf Gewerke statt, bei der die SchülerInnen stolz ihre Ergebnisse präsentieren. Gleichzeitig haben Eltern und Freunde die Gelegenheit, die Vielfalt der Produkte zu bewundern.

Leder ist ein uralter Werkstoff, der durch verschiedene Gerb- und Zurichtungsverfahren sehr unterschiedliche Eigenschaften annehmen kann und dadurch vielseitig einsetzbar ist: Bekleidung, Schuhe, Geldbörsen, Federmappen, Taschen, Rucksäcke aber auch Sport- und technische Artikel werden daraus hergestellt und täglich von uns verwendet. 

Im Unterrichtsfach Lederhandwerk werden Fertigkeiten und Kenntnisse aus den Berufsbildern der Sattlerei, Feintäschnerei und Schuhmacherei vermittelt.

Die Schüler stellen in den ersten Wochen Gürtel, Ringbücher, Portemonnaies und andere nützliche Dinge her. Dabei wird vorab ein Schnittmuster erarbeitet, nach dem dann die einzelnen Lederteile ausgeschnitten, vorgelocht und schließlich unter Anwendung des Sattlerstiches mit Ahle und zwei Nadeln solide zusammengenäht. 

Das umfangreiche Projekt der Schuhmacherei beginnt in der Regel nach den Weihnachtsferien und beansprucht häufig die restliche Zeit des Schuljahres. 

Nach den individuellen Fußabdrücken und -maßen wird zuerst für jeden Schüler ein geeignetes Leistenpaar ausgesucht. Der Leisten dient als Platzhalter, um ihn herum entsteht Schritt für Schritt das gesamte Maßschuhwerk.

Weiter geht es zunächst mit der Konstruktionszeichnung und der Leistenkopie. Sie liefern die schuhtechnisch wichtigen Punkte und bilden die Grundlage für die Schnittmuster, nach denen dann sämtliche Ober- und Futterlederteile ausgeschnitten werden. Sind diese nach vielen und teils kniffligen Arbeitsschritten mit den Nähmaschinen dem Modell entsprechend zusammengenäht worden, werden sie als fertige Schuhoberteile (Schäfte) mit Zwickzange und Zwickstiften über die Leisten geschlagen und mit der zuvor aufgewalkten Innensohle verklebt. Die hierbei erforderlichen Handgriffe sind für die SchülerInnen sehr ungewohnt und erfordern neben Aufmerksamkeit, Konzentration und Ausdauer auch wirkliche Anstrengung. Es folgen noch das Rahmenlegen, Besohlen, der Absatzaufbau und Ausputz, bevor zu guter Letzt die Leisten aus den nun fertigen Schuhen gezogen werden können. Am Ende stehen die Freude und der Stolz der SchülerInnen über die eigene Leistung und das gelungene Werk.

Der Werkblock Textiles Gestalten verbindet das Jahrtausende alte Handwerk des Spinnens und Webens mit dem maschinellen Nähen an der Maschine. So wird handwerkliche und textile Kulturgeschichte für die SchülerInnen mit allen Sinnen lebendig. Das unmittelbare Erfolgserlebnis beim Spinnen und Weben wirkt sich positiv auf die Motivation aus, während das rhythmische Arbeiten psychisches und physisches Wohlbefinden vermittelt.

Gartenbau wird von der 5. bis zur 8. Klasse im Klassenverband unterrichtet. In den Klassen 9 bis 12 findet der Unterricht klassenübergreifend in den Werkblöcken statt. Dabei bewegen wir uns im Gartenjahr und beschäftigen uns mit den Bedürfnissen des Gartens und der Pflanzen. Gleichzeitig bedient der Garten die oft unbewussten Bedürfnisse der Schüler. Sie lernen wie Witterung, Klima und Boden das Wachstum der Pflanzen begünstigen oder behindern. Der Umgang mit den Werkzeugen und deren richtige Benennung gehören genauso dazu wie die Pflege der Pflanzen. Wir begleiten das Gemüse auf seinem Weg vom Samenkorn bis zur reifen Frucht. 

In der Oberstufe bietet die Parzival-Schule den Werkblock Hauswirtschaft an, der in unserer gut ausgestatteten Lehrküche stattfindet. Der Unterricht wird individuell auf die Bedürfnisse der SchülerInnen mit heilpädagogischem Förderbedarf ausgerichtet. Es werden Alltagsfähigkeiten vermittelt, die für die Haushaltsführung unverzichtbar sind, wie Wäschepflege, Säuglingspflege, Hausreinigung, Haushaltsführung und Ernährungslehre. 

 

Im praktischen Unterrichtsteil erhalten die Schüler ein Grundwissen in der Nahrungszubereitung. Ziel ist hierbei das selbstständige Arbeiten nach Rezepten. Wir legen dabei Wert auf eine gute Arbeitsorganisation und die Umsetzung der erlernten Arbeitstechniken. Der wichtigste Aspekt bei der Nahrungszubereitung ist das soziale Zusammenwirken bei der Zubereitung der gemeinsamen Mahlzeit, zu der jede Schülerin und jeder Schüler etwas ganz Persönliches beitragen darf. Jeder erhält ein verbindliches Amt, das auch dazu beiträgt, die Teamfähigkeit und ein gewisses Durchhaltevermögen zu fördern. Der Hauswirtschaftsunterricht bietet erste Schritte in die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung. Darüber hinaus spielt Hauswirtschaft als Berufsfeld eine wichtige Rolle.

In der Mittelstufe erfolgen die vielfältigen Anwendungen und Ausdrucksformen des Handwerkens noch unter spielerischen Aspekten, angepasst an den jeweiligen Entwicklungsstand der SchülerInnen. In der Oberstufe stehen dagegen die Vorgaben der handwerklichen Tradition im Vordergrund – in Form der Einsicht in den sach- und fachgerechten Umgang mit den Tischlerwerkzeugen und dem Material. 

 

Von der Entwicklung eigener Ideen über angemessene Planungsschritte und die Anwendung geeigneter Werkzeuge führt der Weg zum Werkstück. Der kreative Gestaltungsprozess hängt dabei eng mit den handwerklichen Fähigkeiten der Schüler, die sich im Verlauf des Jahres deutlich steigern, und den Möglichkeiten der eingesetzten Werkzeuge zusammen. Unter Verwendung von Hobel, Säge, Stecheisen und traditionellen Techniken, wie z. B. Zinkenverbindung oder Keilverschluss, entstehen kleine Möbelstücke. Diese selbst angefertigten Hocker, Fußbänke, Schatullen, Tische, Regale, Tabletts oder Bänke begleiten die Schülerinnen und Schüler noch weit über ihre Schulzeit hinaus.

Jeder Mensch kann sich bildnerisch ausdrücken und mitteilen. Dadurch wird er in der Entfaltung seiner freien Persönlichkeit gestärkt. Im Umgang mit dem Material Ton erleben die Schülerinnen und Schüler den schöpferischen Prozess, die Welt mit ihren Händen gestalten zu können. Sie plastizieren Gebrauchsgegenstände, Tiere, die menschliche Gestalt bis hin zum Porträt in der 11. Klasse. 

 

Beim Malen wird zunächst das genaue Hinsehen anhand von Schwarz-Weiß-Zeichnungen geübt. Danach tauchen die SchülerInnen in die Welt der Farben ein und lernen, Landschafts- und Tiermotive mit ihnen zu gestalten. In der 12. Klasse werden alle bisher geübten Techniken und Qualitäten zusammen in einem mehrfarbigen Linoldruck für die Herstellung eines eigenen Selbstporträts angewandt. Wichtig ist neben dem Erlernen der Techniken vor allem, dass die SchülerInnen ihren eigenen Ausdruck und die Freude am künstlerischen Prozess entfalten können.

In der 12. Klasse wird als neu hinzukommender Werkstoff auch Metall bearbeitet. Kupfer als Vertreter der Metalle spielt im technischen Alltag eine wichtige Rolle. Als Kirchendach oder große Plastik, wie z.B. die Freiheitsstatue in New York, verbirgt es seine schöne rötliche Farbe unter einer grünen Schutzschicht. 

 

Kupfer lässt sich sehr gut kalt verformen und ist deshalb für den kunsthandwerklichen Unterricht bestens geeignet. Auf Unterlagen aus gedrechselten Holzmulden wird es mit besonderen Hämmern in die gewünschte Form getrieben.

 

Die Schülerinnen und Schüler fertigen eine Kugel an – eine Formvorgabe, die hohe Ansprüche an die Ausführung stellt. Folgende Arbeitstechniken werden dabei angewendet: Messen, Anreißen, Schneiden, Feilen, Entgraten, Schleifen, Treiben, Glühen, Planieren, Weichlöten, Polieren.

 

Die Aufgabenstellung fordert und fördert über die handwerklichen Fertigkeiten hinaus auch die sogenannten Basisqualifikationen wie Konzentration, Ausdauer, Geschicklichkeit, Genauigkeit und Selbständigkeit.